Informationen zum Studium in Deutschland
Wer kann studieren?
Generell kann jeder, der eine Allgemeine Hochschulreife (Abitur) erlangt hat, an einer Universität studieren. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, ohne Abitur zu studieren, etwa an einer Fachhochschule, oder mit einer besonderen Eignung und einem Eignungstest. Viele Leute entscheiden sich erst nach einer Ausbildung, bereits im Berufsleben stehend, für ein Studium. Da sie bereits mehrere Jahre Arbeitserfahrung haben, können diese Jahre angerechnet werden und ihnen den Einstieg ins Studium erleichtern. Eine weitere Ausnahme sind sogenannte Gasthörer; Studieninteressierte, die nicht immatrikuliert sind, haben die Möglichkeit, sich in Vorlesungen zu setzen und an Seminaren teilzunehmen, ohne eine Studienleistung (Prüfung) zu erbringen. Gasthörer sind oft Senioren, welche ihre freie Zeit sinnvoll nutzen und sich weiterbilden möchten. Normalerweise beginnen deutsche Abiturienten jedoch direkt nach dem Abitur, oder nach einem gap year mit dem Studium an einer Universität.
Bachelor / Master / Staatsexamen
Die meisten Studiengänge in Deutschland sind Bachelor- und Masterstudiengänge mit einer Regelstudienzeit von jeweils 6 und 4 Semestern. Dabei unterscheiden sich die Bachelor- und Masterstudiengänge je nachdem, ob man an einer Universität oder einer Fachhochschule studiert; Fachhochschulen legen mehr Wert auf Praxis, während Universitäten auf wissenschaftliche Forschung ausgelegt sind. Der Abschluss ist jedoch gleichwertig. In den Fächern Jura und Medizin, sowohl in manchen Bundesländern im Lehramt, muss zum Bestehen des Studiums eine staatliche Prüfung abgelegt werden- das Staatsexamen. Wer also beispielweise Anwalt oder Arzt werden möchte, kommt um diese Prüfung nicht herum.
Wie bewirbt man sich?
Der Bewerbungsprozess läuft, je nach Studienfach, angestebtem Abschluss und Universität, ganz unterschiedlich ab. Für viele Fächer ist der Numerus Clausus (NC) entscheidend, je nachdem wieviele Studienplätze vergeben werden und ob es sich um ein sehr gefragtes Studienfach handelt. Der NC ist eine Einschränkung der Zulassungen an Universitäten, und betrifft hauptsächlich die Fächer Medizin, Jura, Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie. Viele Universitäten haben außerdem Beschränkungen in den Fächern Psychologie und Lehramt, andere Bereiche, so wie beispielsweise die Geisteswissenschaften sind seltener zulassungsbeschränkt. Bewirbt man sich auf einen Studienplatz mit NC, spielen zudem noch andere Faktoren eine Rolle: die Abitur-Durchnschnittsnote, ob bereits Wartesemester absolviert wurden (Semester, in denen man nach dem Abitur nicht immatrikuliert ist), und zudem die individuellen Kriterien der jeweiligen Universität- wie etwa Auswahlgespräche und Berufspraxis. Die Bewerbung auf Studienplätze findet immer online statt; entweder über die Uni direkt, oder, im Fall von Medizin oder Jura beispielsweise, durch deutschlandweite Auswahlverfahren. Hat man seinen Wunsch-Studienplatz nicht erhalten, kann man immer noch Glück im Nachrückverfahren haben; falls andere Leute ihren Studienplatz nicht annehmen, rutscht man automatisch auf der Liste weiter nach oben, und kann so manchmal trotzdem noch zugelassen werden, falls genügend Leute vor einem ihren Platz nicht annehmen.
Finanzierung
Obwohl man in Deutschland seit einigen Jahren keine Studiengebühren mehr zahlt, verlangt jede Universität dennoch einen gewissen Semesterbeitrag je Semester. Der Semesterbeitrag setzt sich aus Verwaltungsgebühren und dem Semesterticket für öffentliche Verkehrsmittel zusammen, und liegt zwischen 100 und 300 Euro, abhängig von Bundesland und Universität. Abgesehen vom Semesterbeitrag kommen auf Studenten natürlich noch andere Kosten, wie etwa Unterbringung, Verpflegung und Lehrmittel zu. Viele Studenten in Deutschland leben von BAföG, einer monatlichen staatlichen Förderung. BAföG ist abhängig vom Gehalt der Eltern; verdienen sie zu gering, um all die Kosten ihres studierenden Kindes zu decken (Miete, Semesterbeitrag, Lebenshaltungskosten), kann ihr Kind BAföG in Anspruch nehmen. Nach dem Studium haben Studenten bis zu 20 Jahre Zeit, das BAföG zurückzuzahlen; da es sich bei der Unterstützung jedoch teilweise um ein Darlehen und teilweise um einen Zuschuss handelt, muss nur der Darlehensteil zurückgezahlt werden. Es ist den Studenten überlassen, ob sie das Darlehen auf einmal, oder in Raten zurückzahlen. Andere Möglichkeiten sind Studienkredite, die jedoch genauso nach dem Studium zurückgezahlt werden müssen, und Stipendien, die beispielsweise von Stiftungen vergeben werden. Die meisten Studierenden finanzieren sich ihr Studium mit einer Kombination aus verschiedenen Möglichkeiten; mit Nebenjobs, BAföG, und ein bisschen Unterstützung der Eltern zum Beispiel.
Wie lange studiert man?
“Und, wie lange studierst du noch?” Das ist wohl eine Frage, die deutsche Studierende nur zu oft auf Familienfeiern von ihren Verwandten zu hören bekommen. Anders als in England, studieren Deutsche oft länger und überschreiten ihre Regelstudienzeit. Als Regelstudienzeit bezeichnet man die Semesteranzahl, die vorgeschrieben ist, um sein Vollzeitstudium zu absolvieren. Dies sind in der Regel 6 Semester für Bachelorstudiengänge, und 4 Semester für Masterstudiengänge. Durch Auslandssemester oder Praktika kann sich das Studium jedoch hinauszögern; dies sind aber wichtige Erfahrungen, die das Studium prägen und neue Kompetenzen schaffen. Zudem jobben viele Studierende neben dem Studium, weshalb es sich auch oft hinauszögert. Im Gegensatz zu Großbritannien zahlen deutsche Studenten auch keine Studiengebühren; sie können es sich daher finanziell leisten, länger zu studieren und viele Angebote, wie etwa Nebenjobs und Praktika, wahrzunehmen. 2017 beendeten nur 38,5% aller Bachelor-, und 27 % aller Masterstudenten in Deutschland ihr Studium in der Regelstudienzeit. Da es immer normaler wird, während des Studiums Arbeitserfahrungen zu sammeln, ins Ausland zu gehen oder auch Kinder großzuziehen, nimmt es meistens keinen Einfluss auf die Karriere, ob man in Regelstudienzeit studiert hat, oder nicht, da immer mehr Wert auf andere Kompetenzen gelegt wird, die man beispielsweise während eines Auslandsaufenthaltes erlangt hat. Endlos studieren kann man in Deutschland jedoch nicht- überschreitet man eine gewissen Anzahl an Semestern, wird man als Langzeitstudierender eingestuft; das kostet Gebühren und kann im schlimmsten Fall zur Exmatrikulation führen. Ab wann man als Langzeitstudent gilt, wird von jeder Universität individuell festgelegt; bei manchen Unis tritt dies nach der Überschreitung der doppelten Regelstudienzeit ein, bei anderen früher oder später.
Campusleben Deutschland
Als Studierender aus einem englischsprachigen Land wird einem der Unialltag und das Campusleben in Deutschland vermutlich zunächst sehr trist vorkommen. Im Gegensatz zu England haben deutsche Universitäten weniger societies und clubs, und das Unileben findet außerhalb der Universität statt. Zwar gibt es auch an deutschen Unis viele Veranstaltungen, doch es handelt sich hier eher um Podiumsdiskussionen und Ringvorlesungen. Die Zeit in der Uni beschränkt sich auf Vorlesungen, Seminare und das Lernen in der Bibliothek. Die Clubs, die von den meisten Universitäten angeboten werden, sind Orchester, Theatergruppen und politische Hochschulgruppen. Die meisten Studenten gehen ihren eigenen Hobbies nach, und treffen sich mit Kommilitonen in Kneipen, Bars und Cafés, zu Koch- und Filmabenden zuhause in WGs, sowie auf Studentenparties.
Wie wählt man eine Universität?
Anders als im englischsprachigen Raum gibt es in Deutschland keine sogenannten “Elite-Universitäten”. Zwar gibt es für bestimmte Fächer Unis mit besserem Ruf als für andere, aber da in Deutschland fast alle Universitäten vom Staat finanziert sind, gibt es keine großen Qualitätsunterschiede. In der jährlichen Rangliste des britischen “Times Higher Education” Magazins sind jedoch die besten Universitäten Deutschlands die beiden Münchner Unis (Ludwig-Maximilians-Universität und Technische Universität), die Humboldt-Universität sowie die Charité-Universitätsmedizin Berlin, die Ruprechts-Karls-Universität Heidelberg, die RWTH Aachen und die Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Die Zulassung zu allen Universitäten erfolgt nach NC, und genauso entscheidet die Abschlussnote deines Bachelors/Masters/Staatsexamen über deine späteren Karriere- und Jobchancen. Hierbei spielt keine Rolle, an welcher Universität du studiert hast. Größere und bekanntere Universitäten können jedoch vielseitigere Möglichkeiten bieten, wie etwa Partneruniversitäten für Auslandsaufenthalte oder Forschungsstipendien.
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